Neue Butler-Geschichten
Im Blitz-Verlag wird seit 2012 die neue Reihe „Der Butler“ herausgegeben. Man hat scheinbar die Rechte an den Lonati-Titelbildern aber die Geschichten von Josef. J. Preyer und Curd Cornelius sind keine Butler-Parker-Romane. Trotzdem darf man gespannt sein, ob die neue Reihe ein ähnlicher Erfolg wird wie die Originalserie. Mit der Ansiedlung der Lady Marbely in Deutschland geht man auf jeden Fall einen anderen Weg ein. Wir wünschen viel Erfolg! In 2013 erschienen: „Der Butler jagt das Rungholt-Ungeheuer“ (März 2013) und „Der Butler surft von Föhr nach Sylt“ (September 2013 – von Curd Cornelius). Angekündigt ist „Der Butler macht den großen Fang“ (Curd Cornelius). Die ersten 3 Romane sind auch als eBook und sogar als Hörbuch bestellbar!
Nachtrag (Januar 2018) – beim Verlag sind verschiedene Bücher (und eBooks) erhältlich bzw. in Planung, teilweise wurden aber wohl die obigen Titel umbenannt.
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An dieser Stelle wollen wir zudem neue Parker-Geschichten (Kurzgeschichten oder auch komplette Romane) veröffentlichen, die von Fans geschrieben wurden. Den Anfang macht Ralf Benfer, der den Butler in eine erfundene Episode der Romanreihe MADDRAX eingebaut hat. Weitere Informationen zu MADDRAX gibt es hier. Wer hat Lust weitere Geschichten zu schreiben?
Parker und der tote Farmer (In Gedenken an Günter Dönges)
von Ralf Benfer
Langsam blickte die Sonne über dem Waldrand im Westen hervor, als Selly mit dem Trog voller Essensreste in Richtung Stall wanderte. Das allmorgendliche Füttern der Piigs war ihre Aufgabe in der Farmergemeinde, die mehrere Familien fasste. Und doch würde sie diese Verpflichtung innerhalb der nächsten Tage einstellen. Zu schwer war ihr diese Arbeit geworden und jede weitere Mühen und Anstrengungen konnten ihr und ihrem ungeborenen Kind, dass sie im dem mittlerweile doch stark gewölbten Bauch unter ihrem schlichten, blauen Kleid austrug, eher schaden als dienlich sein. Und Herry, ihr Mann würde ziemlich erbost werden, wenn seinem ersten Kind etwas zustoßen würde, oder gar als Fehlgeburt nie einen dieser schönen Sonnenaufgänge sehen würde. Herry sprach ja bald von nichts anderem mehr, als dem noch ungeborenen Kind. An der großen Scheune angekommen, setzte Selly den Trog ab und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. ‚Am besten werde ich heute noch diese Plackerei aufhören’, dachte die junge Frau sich. Dann legte sie den großen Holzriegel der Scheune um und zog and dem großen Tor. Die kleine Durchgangstür war schon seit mehreren Tagen kaputt und einfach wieder verkantet eingesetzt worden, damit niemand Unbefugtes in den Stall konnte oder eins der Tiere aus ihrer nächtlichen Unterkunft ausbüchsen konnte. Mit aller Kraft schob sie nun das Tor auf und gewährte zuerst den Sonnenstrahlen Einlass in das Dunkel der Scheune, welche augenblicklich den ungefallenen Schemel und den darüber aufgeknüpften Leichnam in hellem Licht präsentierten. Selly Augen schienen auf das doppelte an Größe anzuwachsen, genau wie ihre Mundöffnung, aus der nur Bruchteile von Sekunden später laute Schreie entsprangen, bis ihrem eh schon belasteten Körper diese Prozedur zuviel wurde und einfach vor der Scheune zusammensackte. Denn in der Scheune hing ihr Mann Herry!
In sehr kurzer Zeit hatte sich die nahezu gesamte Farmergemeinde vor der Scheune eingefunden und redete wirr durcheinander. Niemand wusste was zu tun war. Zwei Frauen des Schiifs hatten der hochschwangeren Frau aufgeholfen und stützten sie nun, während der Schiif selber beruhigend auf sie einredete. „Es wird alles gut werden. Vertraue mir! Ich als Schiif werde niemanden der Gemeinde im Stich lassen!“ sprach er tröstend zu Selly. „Aber was soll nur aus mir und meinem Kind werden? Warum hat uns Herry das nur angetan, warum?“ „Genau Schiif, warum hat Herry suseid gemacht?“ rief einer der einfachen Farmer dazwischen und animierte dadurch etliche der Gemeinde den Schiif mit Fragen zu bestürmen. „ Herry hatte doch alles!“ „Was war los mit ihm?“ „ War er etwa krank? Weiß der Dokk was?“ rumorte es. Doch bevor der groß gewachsene Schiif auch nur eine Antwort geben konnte, brach plötzlich mit einem lauten Dröhnen ein regelrechtes Monster aus dem Wald und schoss mit einer riesigen Staubwolke hinter sich herziehend auf die gesamte Gruppe zu. Keiner der Farmer regte sich. Alle blieben wie angewurzelt auf ihrem Flecken stehen und starrten auf das schwarze, mannshohe Ungetüm, das unter lautem Kreischen knapp vor ihnen stoppte. Nur langsam legte sich der aufgewühlte Staub und Dreck wieder, als auch das Getöse erstarb. Die Gemeinde fixierte weiterhin das schwarze Ding, bis sich seitlich ein Teil des Gebildes auftat. Aus diesem schwarzen Monstrum – was nur sehr entfernt an die Fahrzeuge der Tekknos aus Salisbury erinnerte – stieg eine Gestalt. Auch diese war nahezu komplett in schwarz verpackt und trotz des eigenartigen Aussehen musste es ein Mensch sein, denn er sprach die Gruppe an, während er das halbrunde, schwarze Etwas auf seinem Kopf in die Höhe lupfte: „Einen angenehmen guten Morgen wünsche ich ihnen, Ladies und Gentlemen! Ich hoffe, ich störe ihre kleine Gesellschaft nicht. Mein Name ist Parker, Josuah Parker. Ich bin auf der Durchreise nach London und musste leider peinlich berührt feststellen, dass ich offensichtlich meine geplante Reiseroute verfehlt habe. Vielleicht wäre jemand ihrerseits bereit, meiner Wenigkeit Auskunft über den hiesigen Standort zu erteilen!“ Und mit dem gleichen neutralen Hundeblick, den er die ganze Zeit vortrug, setzte Parker die Melone wieder auf seinen Kopf, nicht ohne sie dabei exakt in Waage auszurichten. „Häääää?“ ertönte es aus nahezu allen Mündern der Versammelten, wobei der kleingewachsene Farmer Shäck hinterher blöckte: „Wo kommsten du häar?“ Parker legte überrascht den Kopf schief und antwortete: „ Obwohl dies augenscheinlich nicht zur Ortbestimmung beiträgt: ich komme aus dem Landhaus in Schottland, auf welchen sich meine Wenigkeit zurückgezogen hat, nachdem ich lange Jahre dem Herren Mike Rander und auch Lady Simpson diente.
Meinen Ruhestand widmete ich den Erfindungen der Firma De Broglie Enterprises aus Kanada und tatsächlich; mit einigen kleinen Änderungen scheinen die Versuche mit den Einfriercontainern zu funktionieren. Aber ich langweile ihre Gesellschaft mit meinen Plaudereien.“ Mit einem gestochen scharfen Blick schaute Parker in die Menschenmenge. „ Du willst uns woll veräppeln, wa?“ entrüstete sich einer der jugendlichen Farmer, welche alle in einfachen, sackartigen Gewändern gekleidet waren. „Dir wärn wir zeigen, dass de dir da andre suchen musst!“ Und mit einem Fingerwink sprangen er und zwei weiteren Jungen auf den Butler zu, der wie eh und je korrekt gekleidet war: von der Melone, über einen länglichen Covercoat, bis zu Handschuhen. Dazu am linken Unterarm seinen Universal-Regenschirm hängend, das perfekte Butlerkostüm. Während der erste Angreifer durch seine eigene Geschwindigkeit weiterstolperte, ließ der so urplötzlich beiseite getretene Butler den Griff des Regenschirms gegen die Stirn des zweiten Jungen donnern, welcher daraufhin ohnmächtig zu Boden sank. Das lag wohl daran, dass eben jener Bambusgriff bleigefüllt war und so recht hart anschlug! Das Zögern des dritten Angreifers – die Überraschung der drohenden Niederlage ließ ihn wohl stocken – brachte ihm auch eine schmerzliche Bekanntschaft mit dem Griff ein, worauf er sich ebenfalls niederlegte. Der erste Angeifer hatte allerdings die Sekunden genutzt und sprang dem Butler nun auf den Rücken. Allerdings ging seine stürmische Reise direkt weiter in den Dreck, denn Parker war mit Judoüberwürfen bestens vertraut. Die Flinkheit des Jugendlichen mochte einige überraschen, auch Parker lupfte anerkennend seine Melone, als der Bursche direkt wieder aufsprang, dabei allerdings mit dem Kopf zu nahe an die stahlgefütterte Hauptbedeckung kam und ebenfalls in eine Ohnmacht und damit zu Boden fiel! „ Meine Wenigkeit erfreut es immer wieder an diesen Leibesübungen, wo ich doch gerade eine längere Tiefschlafperiode hinter mich gebracht habe! Doch sollten wir uns den wichtigeren Dingen widmen“, sprach Josuah Parker in einem fast gelangweilten Ton und wandte sich zur Scheune. „ Es gibt immerhin Aufklärungsbedarf, wie mir scheint. Denn der arme Schaffensgenosse wurde ja offensichtlich ermordet!“ „WAAAS?“ Erstaunen und Empörung machte sich breit. Schnell eilten einige der Farmer in die Scheune, lösten den Aufgeknüpften vom Scheunenbalken und betteten ihn auf einige Strohballen. „Mister Pakka, wie kommen sie nur darauf?“, fragte der augenscheinliche Arzt dieser Gemeinde; unverkennbar – wenn auch total verschmutz und verkommen – trug er einen klassischen alten Arztkittel, während dieser neben dem Butler in die Scheune schritt. Die kleine Auseinandersetzung schien vergessen und Parker lag nun offensichtlich hoch im Ansehen der Farmer. Viele dieser wuselten hinter ihm her. „Mister P-A-R-K-E-R, um genau zu sein… Nun ja, wenn der beiliegende Schemel nun wirklich die …hmm.. ‚Abschussrampe ins Jenseits’ des Toten gewesen sein soll, dann wäre dieser niemals mit seinem Kopf in die Schlinge gekommen. Der Schemel ist schlicht und ergreifend zu klein!“ erklärte der Butler den ungläubig dreinblickenden Farmerleuten und beugte sich in aller Form und nötigen Würde zu Leiche hinunter. „Mit einigen weiteren Informationen der gesamten hiesigen Gemeinde neige ich zu glauben, dass der Täter gefasst werden sollte“ sprach der Butler, nachdem er nickend den Leichnam inspiziert hatte. Dann wandte er sich an den Schiif. „Würde es großen Aufwand bereiten ein Massenverhör zu arrangieren?“.
Der Nachmittag neigte sich nun langsam dem Ende, als Josuah Parker die fast drei Dutzend Mitglieder der Gemeinde verhört hatte und dabei geduldig mehrere dubiose Lebensläufe in seinen Ohren ertragen mußte, welche allerdings keinerlei sachdienliche Hinweise auf den Mordfall beinhalteten. Trotzdem blickte er zufrieden in die Gemeinde, die sich nun komplett in dem recht verfallenen Saal drängte, nachdem sie in diesem zuvor alle einzeln dem Butler Rede und Antwort gestanden hatten. Auch der Dokk war anwesend, den Parker um eine genaue Autopsie an Herrys Leichnam gebeten hatte. Es lag dem Butler zwar nicht, wie er nun kerzengerade am Tisch saß und die komplette Gemeinde im Halbkreis vor ihm hockte oder mangels Sitzgelegenheit stand, aber wenn es der Auflösung eines Verbrechens diente, dann nahm der Butler auch diese Bürde auf sich. Er richtete die beiden einzigen Gegenstände auf dem Tisch – ein längliches Röhrchen sowie ein schwarzes Etui – geometrisch aus und erhob sich ruckartig. „Aus Zeitgründen vermag ich nicht lange herum zu plaudern. Ich möchte noch mal von ihnen bestätigt bekommen, Schiif Schekk…“ und er nickte diesem dabei zu, „… dass sie den leider verstorbenen Herry heute früh in Richtung Scheune gehen sehen haben, wie sie in unserer Unterhaltung vorhin erwähnten.“ Der Anführer straffte sich sitzend auf und sagte laut: „Das ist richtig!“ Murmelnd nahm das die Gemeinde hin. Parker wandte sich an den Dokk: „Was hat ihre Autopsie für einen Todeszeitpunkt ergeben?“ „Was isn ne Aupotspie?“ rief einer der Zuhörer dazwischen. „Das ist eine Untersuchung eines Toten.“ stellte der Dokk fest, worauf er zu Hören bekam: „Was soll das, wenner doch schon tot is?“ „Man kann zum Beispiel feststellen zu welcher Zeit jemand gestorben ist. Und bei Herry würde ich sagen, dass er etwa gestern Nachmittag getötet wurde!“ Rumoren wurde laut: „Aba der Schiif hat Herry doch heute morgen gesehen!“ brüllte jemand in den Raum. „Ich darf noch anmerken, dass die Gemahlin des Verstorbenen diesen ebenfalls heute Morgen gesehen haben will. Er winkte ihr zu, als er mit einer Schubkarre zum Tageswerk unterwegs war. Hielt er dafür extra an, werte Selly?“ fragte der Butler die seitlich vor ihm sitzende Witwe. „Nein, er war in Eile!“ „Nun ja, ein alter Mann wie ich vermag es nicht das Gleichgewicht einer Schubkarre zu halten, wenn ich eine Hand zum Gruße hebt. Aber wer beherrscht diese Kunst schon, zumal die Schubkarre ja mit Gerätschaften beladen war, wie sie mir heute Mittag noch erzählten! Ich muss daher diesen Tathergang anzweifeln! Vielmehr stellte er sich doch so dar: Gestern Mittag führte ein heimliches Liebespaar einen grauenvollen Mordplan durch und erschlugen den Ehemann der Liebhaberin hinterrücks; nämlich Herry. Eine mittelgroße, tiefe und schon getrocknete Wunde am Schädel des Toten beweist die Tatzeit und führte übrigens zur wahren Todesursache.
Können sie das so bestätigen, Dokk?“ wandte der Butler sich an den Gemeindearzt. „ Äh, in der Tat!“ antwortete dieser kurz und knapp. „Und in der Zeit, als unser Liebespaar den Verstorbenen heute Morgen gesehen haben will, haben sie diesen tatsächlich in der Scheune aufgehängt, um sich danach wieder in ihre Häuser zurück zu schleichen um hinterher ‚zufällig’ auf die Leiche zu stoßen! Nur hat der Tote nicht die typischen Würgemale des Stranges eines Erhängten, da der Blutkreislauf schon längere Zeit erlegen war! War es nicht so, Schiif Schekk und Selly?“ Empörung wurde laut und die beiden Angeklagten protestierten vehement, als der Butler nochmals das Wort ergriff: „Und warum töteten sie den armen Herry? Weil die Liebelei in wenigen Wochen höchst wahrscheinlich durch ihr eigenes Erzeugnis auffallen würde: das ungeborene Kind wird kaum dem Verstorbenen ähneln…“ Das schlug ein wie eine Bombe! Wer jetzt noch saß sprang regelrecht auf und tat lauthals seine Meinung kund. Und während Selly heulend zusammenbrach schien Schiff Schekk die Zeichen der Zeit erkannt zu haben, schubste die vor ihm stehenden Farmer beiseite und flüchtete dem Ausgang entgegen. Womit der Butler wohl gerechnet hatte, denn das Blasrohr schon im Mund jagte er dem Mörder des Farmers Herry einen der Betäubungspfeile, die Parker in dem Etui aufbewahrte, hinterher. Die Hand noch in den Nacken packend brach Schiif Schekk kurz vor der Tür zusammen und grunzte alsbald schnarchend vor sich hin. „Damit erscheint mir diese traurige Angelegenheit aufgeklärt.“, sprach der Butler. „Sie haben im Allgemeinen etwa eine halbe Stunde um den Mörder dingfest zu setzten. Meine bescheidene Wenigkeit ist hier nun auch mehr als überflüssig! Den Damen und Herren wünsche ich noch einen schönen Abend. Ich empfehle mich!“ Und mit leicht gelupfter Melone verschwand der Mann in Schwarz auch schon durch die Tür…
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